Auf seiner Internetseite hat das Bayerische Bauministerium eine Arbeitshilfe zur Berechnung der Stoffpreisgleitung eingestellt. Dort ist eine bearbeitbare Excel-Datei zur Prüfung der Stoffpreisgleitung mit erläuternden Hinweisen, einer Beispielrechnung und ein Beispiel zur Abrechnung einer Stoffpreisgleitung hinterlegt.
https://www.stmb.bayern.de/buw/bauthemen/vergabeundvertragswesen/bauauftraege/index.php#link_2
Für kommunale Aufträge hat das Bayerische Staatsministerium des Innern die vorgenannten Erlasse mit Schreiben vom 8. Juli 2022 zur Anwendung empfohlen.
Neues Formblatt 225a – Verzicht auf Basiswert 1:
Bei neuen Vergabeverfahren wird als Alternative zum bereits bekannten Formblatt 225 das neue Formblatt 225a eingeführt. Das neue Formblatt steht den Vergabestellen als Alternative zur Verfügung, wenn kein belastbarer Basiswert 1 ermittelt werden kann. In diesem Fall können die Vergabestellen künftig auf die Ermittlung des Basiswerts 1 verzichten. Bei Nutzung des Formblatts 225a wird als Grundlage für die Preisfortschreibung auf den im bezuschlagten Angebot im Formblatt 225a angegebenen Stoffpreis zurückgegriffen. Dieser Stoffpreis wird mit dem Basiswert 2 gleichgesetzt und später zum Basiswert 3 fortgeschrieben.
Achtung: drohender Ausschluss:
Im Gegensatz zum Formblatt 225, welches umfassend von der Vergabestelle ausgefüllt wird, ist beim neuen Formblatt 225a die Angabe des Stoffpreises durch den Bieter selbst notwendig. Fehlende Angaben zum Stoffpreis im Formblatt 225a werden von der Vergabestelle nicht nachgefordert! Versäumt der Bieter die Angabe der geforderten Stoffpreise, wird das Angebot zwingend vom Vergabeverfahren ausgeschlossen!
Bieter müssen daher künftig prüfen, ob die Abgabe des alten Formblatts 225 gefordert ist oder ob das neue Formblatt 225a in die Ausschreibung einbezogen wurde.
Absenkung der Aufgreifschwelle für Stoffpreisgleitung:
Positiv zu bewerten ist, dass nach der Neuregelung Stoffpreisgleitklauseln bereits dann zu vereinbaren sind, wenn der Stoffkostenanteil des betroffenen Stoffs 0,5 Prozent der geschätzten Auftragssumme beträgt. Bislang hat die sogenannte Aufgreifschwelle für die im Erlass vom März 2022 genannten Stoffe 1 Prozent betragen.
Vereinfachung bei Verbundbaustoffen:
Durch die neuen Erlasse wird zudem die Anwendung der Stoffpreisgleitung bei sogenannte Verbundbaustoffen vereinfacht. Soweit solche Verbundbaustoffe verarbeitet werden und der Aufwand zur Ermittlung der einzelnen Stoffanteile unverhältnismäßig ist, kann auf den Stoff mit dem höchsten Stoffanteil innerhalb des Verbundstoffs oder der Ordnungsziffer abgestellt werden.
Erleichterte Stoffpreisgleitung für Betriebsstoffe:
Speziell in Bayern werden bei künftigen Baumaßnahmen des Straßen- und Brückenbaus und der Wasserwirtschaftsverwaltung die Beschränkungen zur Anwendung der Stoffpreisgleitklausel für Betriebsstoffe nur bei besonders maschinenintensiven Erdarbeiten hiermit aufgehoben. Die Anwendung der Stoffpreisgleitung kann sich künftig auf alle relevanten Leistungspositionen beziehen, sofern die üblichen Anwendungsvoraussetzungen dazu vorliegen.
Bestehende Verträge:
Im Rahmen der Anpassung bestehender Verträge weisen die Erlasse unter anderem ausdrücklich darauf hin, dass künftig auch bei nachträglicher Vereinbarung einer Stoffpreisgleitung in bestehenden Verträgen der Selbstbehalt nur noch in Höhe von 10 Prozent (statt 20 Prozent) zu vereinbaren ist.
Zudem wird klargestellt, dass in den Fällen des § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) anders als bei der Stoffpreisgleitung kein Selbstbehalt zulasten der Unternehmen zur Anwendung kommt.
Auf der Terminschiene (Verlängerung der Vertragslaufzeit nach § 6 VOB/B) wird erfreulicherweise klargestellt, dass an den Nachweis der Nichtverfügbarkeit von Materialien keine überspannten Anforderungen zu stellen sind. Der Nachweis kann beispielsweise durch Vorlage von Absageschreiben von drei Baustofflieferanten geführt werden.
Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte den beiden Bundeserlassen, dem Bayerischen Erlass sowie dem neuen Formblatt 225a im Downloadbereich.